I wui Bio und basta

Lorenz Lex ist Naturland Erzeuger der ersten Stunde, Tochter Bernadette übernahm den Bio-Betrieb in zweiter Generation.

Oktober | 2022
Bildrechte: © Markus Dlouhy | Naturland | Adobe Stock
Lorenz Lex stellte 1979 seinen Hof auf Bio um. Drei Jahre später wurde er einer der ersten Mitglieder des Verbands, der dieses Jahr 40 Jahre alt wird: Naturland. Die Anfänge waren so hart, dass es einem Wunder gleicht, dass der Betrieb noch besteht – und sogar floriert. Ein Gespräch mit Lorenz Lex und seiner Tochter Bernadette Lex vom Biohof Lex im bayerischen Bockhorn.
Liebe Frau Lex, ladies first: Wieso sind Sie in die Fußstapfen Ihres Vaters getreten? Muss man als älteste Tochter den Hof übernehmen – oder war das Ihr Traum?

Bernadette Lex: Im Gegenteil! Als ich mit der Schule fertig war, wollte ich den Hof eigentlich nicht übernehmen: Hier war so vieles kaputt, weil niemand es reparieren konnte. Mein Vater hatte immer wieder Krankheitsschübe, und ich habe vor und nach der Schule mit Müh und Not die Stallarbeit geschafft. Wir hatten ja damals noch Kühe.

Mögen Sie über Ihre Krankheit erzählen, Herr Lex?

Lorenz Lex: Ich war 28, als ich einen Knoten am Hals bemerkte: Lymphdrüsenkrebs. Der Onkologe hat mir gleich Chemo-Infusionen mitgegeben, aber mein Hausarzt hatte wenig Hoffnung, dass mich die heilen würden. Also bin ich zu einem Homeopathen. Der meinte: "Das wird wieder." Allerdings solle ich meine Felder nicht mehr spritzen und den Kunstdünger weglassen. Das war 1979. Ich fand dann einen Ökolandbau-Experten, Dr. Richard Storhas, der mir bei der Umstellung half. Die nagelneue Spritze hab' ich gleich wieder verkauft. Von heut' auf morgen war Schluss mit Chemie. Und mit Fleisch, denn die pflanzliche Ernährung gehörte zu meiner Krebstherapie.

Lorenz Lex stellte seinen Hof bereits 1979 auf Bio um.
Lorenz Lex stellte seinen Hof bereits 1979 auf Bio um.
Richard Storhas hat dann drei Jahre später, also vor 40 Jahren, Naturland mitgegründet …

Lorenz Lex: … zum Glück! Diese Gemeinschaft hat mir sehr viel Halt gegeben. Wenn alle um dich herum sagen: Du bist ein Geisterfahrer, dann schaffst du es nicht alleine. Wir hatten ja zunächst Ertragseinbrüche. Die Nachbarn sagten sogar: "Der Lex geht pleite." Wir konnten die neuen Bio-Produkte nicht einmal als Bio vermarkten, nicht die Zuckerrüben, nicht die Milch. Es gab nur konventionelle Molkereien! Wir haben dann immerhin einen Metzger gefunden, der bereit war, unser Rindfleisch zu Bio-Preisen zu vermarkten.

Wie haben Sie Ihre Kindheit als Tochter des ersten Bio-Bauern weit und breit erlebt, Frau Lex?

Bernadette Lex: Als meine Schwestern und ich klein waren, galten wir ganz klar als Außenseiter. Zur Grundschule bin ich immer geradelt, weil die anderen mich im Schulbus so gehänselt haben: 'Ihr baut ja nur Unkraut an!'

Und trotz dieser Hürden, der Vater schwer krank, Ihr eigenes Außenseitertum, sind Sie dann doch Bio-Bäuerin geworden …

Bernadette Lex: … mit Leib und Seele! Ich wache jeden Morgen auf und freue mich auf die Arbeit. Ich kann dieses Glück selbst kaum fassen, denn es ist immer viel zu tun, und Kinder hab' ich ja auch. Mir hat nach der Schule die Arbeit auf einem anderen Biohof die Augen geöffnet: Da lief der Betrieb prächtig – und die Familie war sehr nett. Danach hab' ich das Abitur nachgemacht und Agrarwissenschaft studiert.

 
Dann haben Sie auch die konventionelle Landwirtschaft kennengelernt. Hat Sie das nie gereizt?

Bernadette Lex: Nein! Auf der Berufsschule gab's den Spruch: "Glyphosat kannst saufa!" Mich hat soviel Dummheit geschüttelt. Nicht nur mein Vater hatte ja diesen Krebs, seine Schwester hatte ihn auch. Sie sind alle beide mit Agrarchemikalien groß geworden. Meine Tante ist früh gestorben.

Lorenz Lex: Für mich ist die Arbeit Seelenmedizin. Bio-Bauer zu sein ist ein echtes Abenteuer! Wir erleben hautnah alle Wechselfälle der Natur. Heute bauen wir vor allem Sonderkulturen an, Buchweizen, Hanf, Mohn, Quinoa, Dinkel. Unsere Braunhirse ist begehrt, weil ihr hoher Siliziumgehalt Knochen und Gelenken hilft. Unsere Lupinen sind perfekter Eiweißersatz für Veganer.

Auf dem Biohof Lex werden vor allem Sonderkulturen wie Buchweizen angebaut.
Auf dem Biohof Lex werden vor allem Sonderkulturen wie Buchweizen angebaut.