Der wirklich grüne Weihnachtsbaum

Auch wenn Weihnachtsbäume von außen immer grün erscheinen, ihr Anbau ist es zum größten Teil nicht. Außer bei den wirklich grünen Exemplaren: den Bio-Weihnachtsbäumen.

Dezember | 2020
Bildrechte: © Gut Mergenthau

„Die kleinen etwa 15cm hohen Baum-Setzlinge sind vier Jahre alt, wenn sie bei uns eingepflanzt werden. Zehn bis zwölf Jahre wachsen sie dann bei uns heran, bis wir sie fällen und sie dann als Weihnachtsbäume die Wohnzimmer unserer Kunden schmücken. Ein Weihnachtsbaum ist also 14 bis 16 Jahre alt“, erklärt Ulrich Resele vom Naturland-Betrieb Gut Mergenthau. Gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin Monika Fottner bewirtschaftet der Forstwirt insgesamt 230 Hektar Wald in der Nähe von Augsburg in Bayern. Zehn davon als reine Bio-Weihnachtsbaumkultur. „Seit sieben Generationen leben wir vom und mit dem Wald. Ein nachhaltiger Waldbau ist uns wichtig, vor allem mit Blick auf die zukünftigen Generationen“, so der Naturliebhaber.

„Die Ressource Boden ist wichtig für den Waldbau. Um sie zu schützen, haben wir uns 2015 entschlossen den ganzen Betrieb auf ökologische Bewirtschaftung umzustellen.“

Rund 28 Millionen Weihnachtsbäume werden jedes Jahr in Deutschland gekauft. Viele davon stammen aus unseren Nachbarländern wie Dänemark oder Polen. Und bis auf wenige Ausnahmen aus großen Monokulturplantagen. In Baum-Monokulturen kommen in der Regel große Mengen Pestizide und Kunstdünger zum Einsatz. Das Ergebnis ist ein vermeintlich perfekter Weihnachtsbaum. Der hohe Eintrag von den schädlichen Hilfsmitteln hat eine enorme Belastung von Boden und Grundwasser zur Folge. Ganz anders läuft es auf dem Gut Mergenthau. Wir arbeiten komplett ohne Chemie. Wir düngen natürlich rein mit Pferde- und Schafsmist“, erklärt Ulrich Resele. Die Weihnachtsbäume werden nach den strengen Richtlinien des Öko-Verbandes Naturland angebaut und tragen das bayerischen Biosiegel. Kunstdünger, Pestizide, Fungizide und Herbizide sind hier tabu.

Ulrich Resele und Monika Fottner bewirtschaften nun schon in siebter Generation 230 Hektar Wald in der Nähe von Augsburg.
Ulrich Resele und Monika Fottner bewirtschaften nun schon in siebter Generation 230 Hektar Wald in der Nähe von Augsburg.

„Anfangs ist es entscheidend, dass die jungen Setzlinge nicht von anderen Pflanzen überwuchert werden. Hier können wir natürlich nicht mit chemischem Dünger arbeiten. Deshalb haben wir unsere eigenen Methoden entwickelt, um damit umzugehen“, erläutert der leidenschaftliche Forstwirt. Die Lösung ist flauschig und Gras ihre Leibspeise: Insgesamt 27 Shropshire-Schafe – viele kennen diese Rasse von dem Comic Shawn das Schaf – unterstützen Ulrich Resele als natürliche Rasenmäher.

27 Shropshire Schafe unterstützen als natürliche Rasenmäher.
27 Shropshire Schafe unterstützen als natürliche Rasenmäher.

Sie fressen das Unkraut, nicht aber die Weihnachtsbäume, denn die schmecken ihnen nicht. Ein weiterer Vorteil der Schafe: „In dem Grün zwischen den Tannen fühlen sich auch Mäuse sehr wohl. Das Ganze müssen wir ein bisschen eindämmen, denn Mäuse knabbern die Wurzeln an. Doch dank unserer Schafe werden auch die Mäuse weniger. Die Schafe treten nämlich die kleinen Löcher zu und bringen natürliche Bodenerschütterung. Das gefällt den Mäusen nicht und sie suchen sich lieber ein ruhigeres Plätzchen“, erläutert der Forstwirt.

Keine Pestizide. Wie wird man dann Schädlingen und Krankheiten Herr? Auch dafür braucht es kreative Lösungen. „Ein großer Begleiter ist zum Beispiel die Tannentrieblaus. Ich sage bewusst „Begleiter“, nicht Schädling. Denn wer einen Marienkäfer sehen will, der braucht automatisch auch eine Laus. Man braucht also beides in der Natur. Nichtsdestotrotz schädigen Läuse die Bäume. Deshalb ist es wichtig, keine Massenvermehrung zu haben – mit ein paar Läusen kommen wir schon zurecht. Das gelingt, indem wir die Bäume mit ganz normaler Molke besprühen. Die Milchsäure hindert die Laus am Häuten, sodass sie sich nicht weitervermehren kann“, erzählt Ulrich Resele. Außerdem stehen die Bäume auf Gut Mergenthau in einem größeren Abstand auseinander. So können Krankheiten nicht so schnell weitergegeben werden. Zusätzlich sorgen Untersaaten aus Klee und Lupinen dafür, dass die Tannen auf natürliche Weise gesund bleiben. Diese binden Stickstoff und liefern natürlichen Dünger. In einem Bio-Weihnachtsbaum steckt neben Liebe also auch viel Handarbeit und Mehraufwand. Aber Ulrich Resele und Monika Fottner können es sich gar nicht anders vorstellen, denn Fortwirtschaft ohne Naturschutz ist für sie ein Widerspruch.

„Wir wollen nicht nur Weihnachtsbäume produzieren. Für uns ist es wichtig, dass das im Kreislauf und im Einklang mit der Natur geschieht.“

Bunte Artenvielfalt zwischen den Bio-Weihnachtsbäumen.
Bunte Artenvielfalt zwischen den Bio-Weihnachtsbäumen.

Ein weiterer Unterschied zu konventionellen Weihnachtsbaumkulturen sticht jedem Besucher auf Gut Mergenthau sofort ins Auge: hier gibt es bunte Artenvielfalt statt intensive Monokultur. Zwischen den Weihnachtsbäumen werden breite, artenreiche Blühstreifen angesät. So finden Bienen und andere Insekten von Frühjahr bis in den Spätherbst reichlich Futter. Der Naturland Betrieb arbeitet dabei mit zwei Bio-Imkereien aus der Region zusammen, die ihre Bienenvölker gezielt in den Weihnachtsbaumkulturen platzieren. Diese Kooperation nutzt allen Beteiligten: Bienen und Insekten finden reichlich Pollen und Nektar. Die Christbäume wiederum profitieren von den Honigbienen, weil diese den Honigtau aufnehmen, der dort von Läusen ausgeschieden wird. So bekämpfen die Bienen auf natürliche Weise die Gefahr des so genannten Rußtaupilzes, der die Bäume sonst unansehnlich und damit unverkäuflich machen könnte. Für die Kooperation mit den Imkern erhielt das Gut Mergenthau in diesem Jahr sogar den Ehrenpreis der bayerischen Staatsregierung beim Wettbewerb „Landwirt.Imker.Miteinander“.

„Auf Gut Mergenthau sprechen wir nicht nur von Nachhaltigkeit, wir leben Nachhaltigkeit.“

Gut Mergenthau ist ein autarker Betrieb: Strom wird mit der Photovoltaikanlage und der Holzverstromungsanlage erzeugt. Das Wasser stammt aus dem eigenen Brunnen. „Wir haben hier unsere eigene Versorgung. Ganz klar also, dass der Schutz, beziehungsweise der sorgfältige Umgang mit diesen Ressourcen an oberster Stelle steht“, kommentiert Ulrich Resele. Man merkt: das Ökosystem Wald ist die Leidenschaft von Ulrich Resele und Monika Fottner.

Schon gewusst?

Wo gibt’s Bio-Tannen?

Vermutlich weniger als ein Prozent der rund 28 Millionen Weihnachtsbäume, die jedes Jahr in Deutschland verkauft werden, stammen aus anerkannt ökologischer Land- bzw. Waldwirtschaft. Ähnelt die Suche nach dem Bio-Weihnachtsbaum dem Finden einer Stecknadel im Heuhaufen? Keineswegs: Die Umwelt- und Naturschutzorganisation Robin Wood veröffentlicht jedes Jahr eine Liste mit Verkaufsstellen von Bio-Weihnachtsbäumen. Und die wird erfreulicherweise jedes Jahr länger. Hier findest du auch Naturland zertifizierte Forst- und Landwirtschaftsbetriebe.

So erkennt man eine frische Tanne

Damit der Weihnachtsbaum nicht schon vor dem Fest die Nadeln verliert, sollte man beim Kauf unbedingt darauf achten, dass er erst kürzlich gefällt wurde. Dazu zwei, drei Nadeln ausreißen und knicken. Wenn sie knacken und intensiv nach Tanne riechen, ist das schon mal ein gutes Zeichen. Und wenn man unten den Stock anfasst und dieser noch feucht ist, oder idealerweise noch ein bisschen Harz daran klebt, kannst du dir sicher sein: Dieser Baum ist frisch gefällt und trägt seine Lichter bis Heilig Drei König, wie es früher der Brauch war

Bio-Tanne – auch besser für die Gesundheit?

Weihnachtsbäume sind Koniferen und immergrün. D.h. die Nadeln nehmen Sommer wie Winter Stoffe aus ihrer Umgebung auf – auch Schadstoffe und Pestizide. Im warmen heimischen Wohnzimmer öffnen sich die Zellen der Nadeln und so kann es sein, dass sie die schädlichen Stoffe, die sie in den Plantagen aufgenommen haben, wieder abgeben. Der BUND hat 2019 stichprobenartig die Nadeln von Weihnachtsbäumen getestet, und wurde bei 76 Prozent der analysierten Bäume fündig. Insgesamt wurden bei dem Test neun verschiedene Pestizide gefunden.

Weihnachtsbaum richtigen entsorgen – so geht’s

Auch die schönste Zeit im Jahr geht mal zu Ende. Dann heißt es Weihnachts-Deko aufräumen und den Weihnachtsbaum abschmücken. Doch wohin mit der Tanne? Viele Kommunen bieten Sammelstellen oder den Abtransport der Weihnachtsbäume an – am besten informierst du dich direkt auf der Homepage des Entsorgungsbetriebs. Noch besser: Lege die Zweige als Frostschutz auf deine Pflanzen auf dem Balkon oder im Garten. Übrigens: In die Bio-Tonne gehört der ausrangierte Baum nicht. Denn die Stämme und Äste sind nicht für die Vergärung in der Biogasanlage oder zum Kompostieren geeignet.