Mit Henne UND Hahn: Ein Landwirt setzt sich für Bruderküken ein
100 Prozent Gleichberechtigung – das ist die Devise von Naturland-Bauer Fabian Häde. Auch und gerade auf seinem Bio-Geflügelhof.
Hier werden Bruderhähne genauso wie die Legehennen artgerecht und ökologisch aufgezogen. Weitläufige Grünflächen, dichte Wälder und hügeliges Gelände – der Bio-Hof von Landwirt Fabian Häde könnte idyllischer kaum liegen. Schon von Weitem hört man das wilde Gegacker der Hühner auf dem Naturland zertifizierten Betrieb im hessischen Alheim-Heinebach. Man merkt sofort: So sieht ein gutes Hühnerleben aus.
„Für mich zählt nicht nur die Leistung der Tiere, sie sollen sich auch wohlfühlen.“
Das Ziel von Fabian Häde: So viel Tierwohl wie möglich. Die größte Herausforderung dabei: Auch den Bruderküken ein Leben zu schenken. „Legehennen sind so gezüchtet, dass sie möglichst viele Eier legen, Masttiere hingegen möglichst viel Fleisch in kurzer Zeit ansetzen. Bruderküken, also die männlichen Geschwister der Legehennen, können keine Eier legen, sind aber auch für die Mast ungeeignet“, schildert der junge Landwirt die Problematik.
Die vielerorts gängige und ab 2022 gesetzlich verbotene Praxis, männliche Küken daher direkt nach dem Schlüpfen zu töten, war für den 33-jährigen von Anfang an jedoch keine Option: „Schon in meinem Masterstudium beschäftigte ich mich intensiv damit, wie es anders gehen könnte. Zwar gibt es heute technische Ansätze das Geschlecht bereits im Ei zu bestimmen, um so das Ausbrüten männlicher Tiere zu verhindern. Aber für mich ist das aus tierethischer Sicht keine wirkliche Alternative“, erklärt der studierte Öko-Agrarmanager. Vielmehr setzt er auf eine andere Rasse, ein sogenanntes Zweinutzungshuhn. Hier legen die Hühner weniger Eier, aber setzen dafür mehr Fleisch an als die typischen Legehennen. Natürlich legen die Bruderküken keine Eier, aber sie sind trotzdem Prachtkerle. Die Haltung von Zweinutzungsrassen ist zwar zeit- und kostenintensiver für den Landwirt, entspricht jedoch vielmehr Hädes Ansprüche an artgerechte Haltung.
Dieser Tierwohl-Gedanke liegt auch der neuen Naturland Initiative „Bruder Küken Leben schenken“ zu Grunde. Diese macht darauf aufmerksam, dass auf allen Naturland zertifizierten Höfen bis Ende 2021 zu jeder Legehenne der dazugehörige Bruder aufgezogen wird. „Ich freue mich sehr, Teil dieser wichtigen Initiative zu sein. So können wir gemeinsam ein klares Signal für die ökologische und artgerechte Aufzucht aller Küken setzen“, erklärt Fabian Häde. Wichtig dabei: Den Verbraucher:innen auch zu erklären, dass es nicht reicht nur die Eier aus dieser Aufzucht zu kaufen, sondern auch das Fleisch. Überhaupt legt der leidenschaftliche Landwirt größten Wert auf die Gesundheit und die artgerechte Haltung seiner 40.000 Tiere. Mindestens einmal täglich geht er in jede der 15 Stallungen, in denen die Hennen und Hähne deutlich mehr Platz als gesetzlich vorgeschrieben haben.
„Wenn ich in den Stall gehe, nehme ich mir viel Zeit und nutze all meine Sinne. So erkenne ich schnell, ob es einem Tier oder einer Herde gut geht oder nicht.“
Wichtig ist dem jungen Landwirt, dass die Tiere ihre arttypischen Verhaltensweisen wie Scharren, Picken oder Sonnenbaden frei ausleben können. So bietet er allen freien Zugang zu grünen Auslaufflächen und für die Regentage überdachte Wintergärten. Das Futter ist so gut wie 100 Prozent Bio und kommt größtenteils aus der Region. Nicht nur das Kükentöten oder der Einsatz von chemischem Pflanzenschutz am Acker, wie es in der konventionellen Praxis üblich ist, sind für den Junglandwirt ein No-Go. Er möchte künftig sogar Eier erzeugen, die keinen CO2-Fußabdruck hinterlassen. „Da vor allem die Tierhaltung stark in der Kritik steht, den Klimawandel negativ zu beeinflussen, möchten wir als Vorbild dienen und zeigen, dass es auch anders geht“, erklärt Fabian Häde, der den Familienbetrieb bereits in der vierten Generation übernahm.
Seit vielen Jahren investiert der studierte Betriebswirt und Öko-Agrarmanager daher in erneuerbare Energien, die dem Mustergeflügelhof zu einer ausgeglichenen Ökobilanz verhelfen. Ein ganzheitliches Konzept, das überzeugt: Erst 2019 wurde Fabian Häde mit dem Ceres Award als „Geflügelhalter des Jahres“ ausgezeichnet.
Schon gewusst?
Naturland goes Bruderhahn
Seit 2021 verpflichtet Naturland alle Legehenne-Betriebe zur Bio-Bruderküken-Aufzucht. Das heißt, dass alle Bruderküken künftig wie ihre Schwestern aufwachsen dürfen und für die Mast gehalten werden. Damit löst Naturland zwei Probleme des Geflügelmarkts auf einen Schlag: Das Ende des Kükentötens in Verbindung mit der ökologischen Aufzucht der Bruderhähne. 100% ökologisch und artgerecht - dafür steht das Bruderküken-Logo neben dem Naturland-Zeichen.