Rainer Bickel und Susanne Frey haben sich ihren Traum erfüllt. Ihr Hobby Imkern zum Beruf gemacht und die Naturland zertifizierte Imkerei „Die Honigsammler“ gegründet. Der Name ist Programm: In den Sommermonaten gehen die beiden einer alten Imkertradition nach und wandern mit ihren Bienenvölkern zu besonderen Bienenweiden. Ein kleines Abenteuer, das eine ausgeklügelte Planung und einen großen Zeitaufwand erfordert – wie ein Besuch bei den beiden Profi-Imkern im Augsburger Land zeigt.
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Von Mai bis September heißt es daher: Immer den Blüten hinterher. Die Wanderung zu einem neuen Trachtgebiet beginnt meist sehr spät abends. Dann ist es dunkel, die letzten Bienen haben den Weg zurück zum Stock gefunden, die Temperaturen sind angenehm kühl – ideale Bedingungen für die Reise: Vom Augsburger Land in die Colbitzer Heide in den Brandenburger Staatsforst. Von blütenreichen Wiesen und Äckern zu Robinienwäldern und Edelkastanien.
Für Susanne Frey (li.) und Rainer Bickel ist jede Wanderung mit den Bienen ein kleines Abenteuer.
„Blütenreiche Öko-Wiesen, -Äcker und -Wälder bieten unseren fleißigen Bienen reichlich Pollen und Nektar.“
Durch das Aufstellen der Bienenstöcke in Naturschutzgebieten und in der Nähe von ökologisch bewirtschafteten Flächen, stellen die beiden Imker sicher, dass die Bienen hauptsächlich dort Nahrung sammeln. Eine hundertprozentige Garantie gibt es dafür jedoch nicht. Für Rainer ist es deshalb wichtig auch selbst die ökologische Landwirtschaft zu fördern: „Landwirte und Imker müssen zusammenarbeiten. Wir profitieren von artenreichen Wiesen, die Landwirte dafür von der Bestäubungsleistung der Bienen. Es kann sich nur etwas in der Fläche verändern, wenn wir uns gegenseitig unterstützen. Man muss hier das Ganze im Blick haben. Deshalb beziehen wir beispielweise den Zucker, den wir im Winter unseren Bienen zu füttern von einem Öko-Landwirt aus Deutschland, der durch die ökologische Bewirtschaftung und dem Verzicht auf Pestizide wiederrum für artenreiche Wiesen und Äcker sorgt.“
Die Honigsammler bieten eine Vielzahl an unterschiedlichen Geschmacksnuancen bei ihrem Honig.
„Mit der Zertifizierung zeigen wir unseren Kund:innen, dass sie gewiss sein können, dass wir einen hohen ökologischen Standard erfüllen. Das schafft Transparenz und Vertrauen“, erklärt Rainer. Das Naturland Siegel garantiert beispielsweise, dass der Bienenstock aus rein natürlichen Materialien wie Holz, Stroh und Wachs besteht und nicht wie häufig aus Styropor. Außerdem müssen Rainer und Susanne auch hinsichtlich Tierwohl einiges beachten. So dürfen sie zum Beispiel den Königinnen die Flügel nicht stutzen.
Rund 200 Bienenvölker gehören zum Bestand der Honigsammler.
„Wir beobachten jedes unserer rund 200 Bienenvölker sehr genau. Bei Anzeichen von Schwarmverhalten, erweitern wir die Bienenbeute oder teilen das Volk. So verlieren wir keine Bienen und die Flügel der Königinnen bleiben unversehrt“, erklärt Rainer und weiter: „Das ist natürlich aufwendiger, aber für uns kommt nur eine artgerechte, möglichst naturnahe Haltung der Bienen in Frage.“ Susanne und Rainer haben ihre Leidenschaft zum Beruf gemacht. Ein Leben ohne Bienen und nicht im Takt des Blütenkalenders ist für sie nicht mehr vorstellbar.
Beobachte Susanne und Rainer dabei, wie sie einen Bienenschwarm einfangen und dabei ganz besondere Fähigkeiten unter Beweis stellen:
Bilder ©Die Honigsammler
120.000 Kilometer – diese Distanz legen Bienen durchschnittlich für ein Glas Honig (500 Gramm) zurück. Das entspricht in etwa drei Erdumrundungen. Und Bienen sind nicht nur fleißig, sondern auch flink: mit ganzen 30 Kilometer pro Stunde und 250 Flügelschläge pro Sekunde sind sie unterwegs – erstaunlich schnell im Vergleich zu den durchschnittlich fünf Kilometer pro Stunde, die wir zu Fuß zurücklegen, um Honig zu kaufen.
Ob Apfel, Spargel oder Blumenkohl – viele Obst- und Gemüsesorten sind auf die Bestäubung durch Bienen angewiesen. Laut dem Insektenatlas der Heinrich Böll Stiftung hängen in der EU 84 Prozent der Pflanzenarten und damit 76 Prozent der Lebensmittelerzeugung von Bienen ab. Das entspricht einem wirtschaftlichen Wert von 14,2 Milliarden Euro jährlich. Damit ist die Biene eines der wichtigsten Nutztiere für den Menschen.
Imkern hat eine lange Tradition. Bereits im 14. Jahrhundert entwickelten sich die ersten Imkerzünfte in Deutschland. Heute versorgen rund 100.000 Imker:innen rund 700.000 Bienenvölker. Die meisten davon machen dies als Hobby. Nur etwa 1.000 Imker:innen machen dies im Neben- bzw. Vollerwerb. Davon arbeiten rund 150 mit 4.500 Bienenvölkern nach den Naturland Richtlinien.
Während die Larven der normalen Arbeitsbiene mit Pollen und Honig versorgt werden, bekommt die Larve einer Königsbiene das sogenannte Gelée Royal. Das ist ein extrem nahrhafter Futtersaft, der von den Arbeiterinnen produziert wird. Die Königin ist also nicht ohne Grund viel größer als eine Arbeiterin.